Wie alles begann…
Chronik der Neudorfer Karnevalsgesellschaft
Im Jahre 1958 wurde bei einer Sitzung des Neudorfer Kulturausschusses, der sich aus Vertretern der Ortsvereine, Schule, Kirchengemeinde und politischer Gemeinde zusammensetzte, darüber beraten, wie das Treiben im Fasching in geregeltere Bahnen zu lenken sei. Die unter Vorsitz von Karl Theodor Petermann im Gasthaus zur Rose tagenden Vereinsvertreter, zu deren Sprecher in dieser Angelegenheit sich der damalige Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr, Zimmermeister Robert Bernhard machte, wollten erreichen, dass besonders an den sogenannten „tollen Tagen“ eine organisierte Fasnacht stattfindet. Diese Impulse führten zur konstituierenden Sitzung, die am 15. Dezember 1959 stattfand.
Die im Kulturausschuss vertretenden Vereine und Instutitionen entsandten geeignete Personen, welche dabei die „Neudorfer Karnevalsgesellschaft“, kurz „Neu-Ka-Ge“, aus der Taufe hoben. Die Namensgebung erfolgte auf einen Vorschlag von Friedrich Tropf.
Die Führung dieser neuen großen Vereinigung wurde dem Vorsitzenden der Harmonikafreunde, Herrn Andreas Veit, als 1. Präsident anvertraut. Dieser brachte durch seine vorhergehende Funktion bei den Faschingsfeiern des MGV Liederkranz schon einschlägige Erfahrung mit, besaß gesunden Humor und genug Organisationstalent, um für einen guten Start zu sorgen. Insbesondere die beiden Gesangvereine Liederkranz und Frohsinn, sowie der Turn- und Spielverein, hatten zuvor schon beachtliche vereinsinterne Faschingsveranstaltungen durchgeführt.
Die Musikkapelle des Musikvereins Concordia war schon viele Jahre an den Fasnachtstagen mit stimmungsvoller Musik durch die Straßen gezogen. An diese Tradition konnte man anknüpfen.
Das musische Naturel in der Bevölkerung, in dem sich pfälzische Fröhlichkeit und alemannische Ausdauer zu einer beglückenden Komponente vereinigt, kam der neuen Karnevalsgesellschaft ebenfalls zustatten.
So war es möglich, mit Hilfe einer großzügigen finanziellen Starthilfe seitens der Gemeinde, bereits in der 1. Saison einen Faschingsumzug und am 13. Februar 1960 in der Rudolf-Petermann-Turnhalle des TSV die erste große Prunksitzung zu inszenieren. Präsident Andreas Veit begrüßte die zahlreich erschienenen Besucher mit folgenden Worten:
„Liebe Närrinen und Narren von Neudorf.
Die große Stunde ist angebrochen, von der unserer Stadt Neudorf nicht nur Notiz nimmt, sondern die in die Geschichte unserer geliebten Vaterstadt eingehen wird. Die Stunde, auf die wir uns seit vielen Wochen mit ganzem Herzen freuen.
Die Neu-Ka-Ge ist aus der Taufe gehoben, begossen wurde sie auch schon gebührend, so wollen wir diese Begebenheit mit dem heutigen Narrenfeste krönen. Wir wollen singen, schunkeln, lachen, und fröhlich sein!“
Mit der Kapelle des Musikvereins Concordia, dem Fanfarenzug der Freiwilligen Feuerwehr, Gesangsgruppen und Parodisten vom Liderkranz und Frohsinn, Musikclowns der Harmonikafreunde, närrische Athleten, Büttenrednern, Humoristen und Tanzgirls des TSV, der Fußballvereinigung, des Hundesportvereins und des Vogelschutzvereins wurde die Prunksitzung bei toller Stimmung auf Anhieb ein durchschlagender Erfolg.
In den folgenden Jahren wurden diese Veranstaltungen, sowie der in zweijährigem Turnus stattfindende Fasnachtsumzug, für den lange Jahre Zugmarschall Wilhelm Herzog verantwortlich zeichnete, am Faschingsdienstag, unter lebhafter Beteiligung der Ortsvereine und regem Interesse der Einwohnerschaft und Gäste aus den umliegenden Ortschaften, zu einem festen Bestandteil des Neudorfer Veranstaltungskalenders.
Dem 1. Prinzenpaar der Neu-Ka-Ge, Karl Kling und Thea Tropf, folgten stets sympathische Regenten, welche für die aus der Sicht der Karnevalisten „schönste Zeit des Jahres“, das fröhliche Zepter schwangen.
Der Elferrat, aus dessen Mitte jeweils Präsidiumsmitglieder gewählt werden, setze sich aus Vertretern der Ortsvereine und im Laufe der Jahre auch vermehrt aus der Reihe ehemaliger Prinzen zusammen.
Eine Reihe „geborener Fasnachter“, deren Namen hier aus sicher verständlichen Gründen nicht einzeln aufgezeigt werden können, sorgten mit zünftigen Ideen und zündenden Pointen für unzählige fröhliche Erlebnisse im Rahmen der Unterhaltungsprogramme.
Ein Stolz der Neu-Ka-Ge waren und sind bis zum heutigen Tage die weiblichen Garden, welche nicht nur die Veranstaltungen der Neu-Ka-Ge und der fasnachtlichen Feiern der anderen Ortsvereine hervorragend belebten, sondern auch den Namen der Neu-Ka-Ge über die Ortsgrenzen hinaus bekannt machen.
1973 wurde der langjährige Präsident Andreas Veit in Würdigung seiner großen Verdienste zum Ehrenpräsidenten ernannt. Danach übernahm Kurt Lamm, bis dahin Vizepräsident und Zeremonienmeister, die Präsidentschaft, welche er 1977 seinem Nachfolger Manfred Huber übergab.
Mit diesem kehrte ein neuer, moderner Stil des Neudorfer Fasching ein. Auf bestimmte Grundelemente konnte jedoch natürlich nicht verzichtet werden. Mehr und mehr verblasste aber die ursprüngliche Dominanz der Ortsvereine, da diese, bis auf einige auch sonst im Fasching führende Vereine, nicht im gewünschten Maße aktiv waren. Insbesondere im Blick auf die Programmgestaltung bei den Prunksitzungen und ähnlichem.
Bei den Fasnachtsumzügen hingegen war die Palette erfreulicherweise größer.
In seiner flotten Art verstand es Manfred Huber, mit seinen Kollegen in Präsidium und Elferrat, den gewandelten Publikumsinteressen weitgehend entgegen zu kommen.
Interne kameradschaftliche Treffs gehören ebenso zum Jahresprogramm wie beispielsweise die mehrmalige Mitwirkung bei der zentralen VDK-Veranstaltung in Huttenheim oder die Beteiligung bei auswärtigen Faschingsumzügen u.a.
Prinzen-, Husaren- und Elfchengarde, welche die Gesellschaft im Laufe der Jahre aufbaute, wobei sich ganz besonders Sonja Mahl hervortrat, sind ein Aktivposten der Neu-Ka-Ge.
Eine neue Chance aber auch Herausforderung ergab sich 1987 im Hinblick auf räumliche Möglichkeiten mit dem Angebot der Pestalozzihalle. Der Versuch schlug zur Freude aller ein. Der finanzielle Spielraum ist mittlerweile eingeengt. Hallenmiete, Gardekleidung, Gema-Gebühren, Musikergage, Orden Dekorationsmaterial, Versicherungen, usw. verschlingen erschreckliche Summen. So musste schließlich der Umzug 1989 wegen fehlender Fördermittel ausfallen. Immer wieder erwägen seither die Verantwortlichen in Präsidium und Elferrat, die Erschließung weiterer Einnahmequellen.
Im März 1989 löste der seit 1985 amtierende Vizepräsident Mario Decker Manfred Huber ab, der 12 Jahre lang an der Spitze der Neu-Ka-Ge gestanden hatte. Mit einer erstmals 1989 durchgeführten Kinderprunksitzung unter der Leitung von Mario Decker wurden neue Wege fasnachtlicher Aktivität beschritten und bis heute fortgeführt. Damit hatte sich dieser bestens für den Posten des Präsidenten empfohlen. Der neue Präsident baute die Kontakte zu auswärtigen Karnevalsvereinen aus und bemühte sich seither wieder um verstärktes Mittun der Ortsvereine. Als Auftakt der Kampagnen wurde der Elfte im Elften wieder im öffentlichen gefeiert. Ein Kinderelferrat wurde gegründet. Der 1990 geplante Umzug fiel leider außergewöhnlich widrigen Witterungsverhältnisse zum Opfer.
Eine weitere herbe Enttäuschung traf die Neu-Ka-Ge wie alle anderen Karnevalsgesellschaften und Fasnachtsveranstalter sowie deren vielen Fans, als wegen Ausbruchs des Golfkriegs die Hauptkampagne ausfallen musste. In der zunächst herrschenden Unsicherheit und Ratlosigkeit in den Karnevalshochburgen landauf und landab, rangen sich die Neudorfer Fasnachter als einige der ersten zu diesem moralisch richtigen Schritt durch. Diese prekäre Situation hatte insoweit auch eine positive Seite, als in dieser Phase der „Narrenkreis Bruchsal“ gegründet wurde, dem die Neu-Ka-Ge angehört.
Ein wichtiges Datum in der Geschichte der Neu-Ka-Ge ist der 28 Juni 1991. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung beschließt nach akribischer Vorbereitung durch Klaus Notheis, Schatzmeister der Neu-Ka-Ge, in Absprache mit Vertretern der Vereine eine Satzung in Verbindung mit dem Antrag auf Eintragung in das Vereinsregister. Damit steht die Neu-Ka-Ge rechtlich auf sicheren Beinen. Beschlossen wurde in diesem Jahr auch die Mitgliedschaft in der „Vereinigung Badisch-Pfälzischer Karnevalsvereine“ im „Bund Deutscher Karneval e.V.“.
Mit dem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm der Jubiläumskampagne 1991/92 wurde das 33jährige Bestehen gefeiert.
Sauberer Humor und hervorragende Veranstaltungen haben die Neu-Ka-Ge überall Freunde finden lassen. Aus allen gesellschaftlichen Schichten haben sich heute Freunde bei der Neu-Ka-Ge zusammengefunden, um das Brauchtum Fastnacht zu erhalten, zu pflegen und weiterzugeben. Sowohl die Prunksitzung als auch die Umzüge sind getragen von lokalbezogenem Humor und der kritischen Betrachtung des Lokalgeschehens. Dabei werden Schwächen und Missstände einer kritischen Betrachtung unterzogen und nicht selten scharf gegeißelt, aber niemals verletzend, denn alles wird mit dem Augenzwinkern des echten Narren gesagt.
Als festen Eintrag im Kalender des Vereins hat sich die inoffizielle Eröffnung der Faschingskampagne am 11.11. um 11:11Uhr durch die Aktiven der NeuKaGe in „Alfeds Backstub“ herausgebildet. Neben weiteren Vereinsinternen Terminen wie dem Prinzenball, den Nachtsitzungen auf Peters Ranch oder dem Heringsessen am Aschermittwoch wird so der Zusammenhalt der Vereinsmitglieder gestärkt – ergänzt durch Freizeitaktivitäten außerhalb der Kampagne wie Ski- und Motorradtrips oder Kamaradschaftsausflügen.
Zu einem öffentlichen Highlight hat sich auch das Seefest der Neu-Ka-Ge entwickelt, das alljährlich Mitte August am Prestelsee abgehalten wird. Neben vielen Köstlichkeiten hat sich das „Katerfrühstück“ am Sonntagmorgen zu einem „Renner“ entwickelt.
Mit einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm der Jubiläumskampagne 2002 / 2003 wird das 44 jährige Bestehen gefeiert. Erstmals in der Vereinsgeschichte zieht der Gaudiwurm am Rosenmontag durch Neudorfs Straßen. Die für den Faschingsumzug Verantwortlichen versprechen sich durch die Verlegung von Faschingsdienstag auf Rosenmontag einen größeren Zuspruch, insbesondere durch auswärtige Teilnehmer und Besucher.
Möge dieses Jubiläum nicht nur Rückblick auf eine im Ganzen gesehene erfolgreiche, viel Freude und Entspannung bereitende karnevalistische Tätigkeit sein, sondern vor allem auch hoffnungsvoller Auftakt zu weiterem anerkannten Wirken in einer gut organisierten niveauvollen Fastnacht in unserer Gemeinde. Mit der gegenwärtigen Führung und den über 150 Mitgliedern sind die Weichen dazu gestellt!
Wie es weiter geht lesen Sie in der unten stehenden erweiterten Chronik – einfach anklicken.